Vaginom-Diagnostik

2022-12-07 16:38:01 By : Ms. Ava Qiu

Das vaginale Mikrobiom – auch als Vaginom bezeichnet – ist die Gesamtheit des Genmaterials aller Mikroorganismen, die die vaginale Schleimhaut besiedeln. Bakterielle Vaginosen, Infertilität und habituelle Aborte sind Anlass für Untersuchungen zum Nachweis einzelner pathogener Bakterien. Jedoch stellt sich zunehmend heraus, dass die gesamte Zusammensetzung des Vaginoms eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der vaginalen Gesundheit spielt. Anders als die in der Standarddiagnostik eingesetzten kulturbasierten Nachweismethoden ermöglicht Next Generation Sequencing (NGS) einen umfassenden Nachweis des Vaginoms. Dies beinhaltet die Erfassung aller pathogenen und apathogenen bakteriellen Keime sowie Kulturen aller relevanten Pilze. Außerdem werden die in konventionellen Verfahren unterdiagnostizierten Trichomonaden molekulardiagnostisch erkannt.

Die Zusammensetzung der vaginalen Bakterien hat einen Einfluss auf das Auftreten bakterieller Vaginosen, die weibliche Fertilität und den Erfolg bei assistierter Reproduktion.  

Das Vaginom befindet sich in einem empfindlichen Gleichgewicht, das sowohl positiv als auch negativ beeinflusst werden kann. Wichtige Einflussfaktoren sind Abstammung, Hormonstatus, Schwangerschaft, Ernährung, Lebensweise, Kontrazeptiva, Sexualpraktiken und Anzahl der Sexualpartner*innen. Negativ auf das Vaginom wirken sich beispielsweise eine übertriebene Vaginalhygiene oder die Einnahme von Antibiotika sowie Antimykotika aus. 

Mit Einsetzen der Menarche und steigendem Östrogenspiegel vermehren sich die Laktobazillen-Arten in der Scheide und werden zur vorherrschenden Spezies. Während des Menstruationszyklus kann die Zusammensetzung des Vaginoms zwar schwanken, aber bleibt im Allgemeinen von Laktatbildnern dominiert und wenig divers. Die Diversität des Vaginoms steigt erst mit Beginn der Menopause wieder an, gleichzeitig nimmt dann auch die Anzahl der Laktobazillen ab. Laktobazillen inhibieren die Anlagerung pathogener Erreger, verhindern deren Wachstum und schützen vor sexuell übertragbaren Krankheiten durch Bildung von:

Grundsätzlich kann das Vaginom anhand der Anzahl und Verhältnisse der vorhandenen Bakterienspezies grob in fünf verschiedene Typen unterschieden werden. Diese werden als Community State Types (CST) bezeichnet:

Während CST I, II und V durch das Vorhandensein protektiver Laktobazillen-Arten charakterisiert sind, ist CST III eher instabil und von Lactobacillus iners dominiert. Im Gegensatz zu den D-Laktat-Bildnern L. crispatus, L. gasseri und L. jensenii bildet L. iners vorwiegend L-Laktat, von dem keine ausgeprägten protektiven Wirkungen auszugehen scheinen. Im CST IV dominieren die pathogenen Keime Atopobium vaginae bzw. Gardnerella vaginalis, die häufig mit weiteren Erregern bei bakteriellen Vaginosen vergesellschaftet sind, bei gleichzeitig geringem Vorhandensein von Laktobazillen.

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"Wie ein Fingerabdruck – so einzigartig ist das vaginale Mikrobiom bei jeder Frau. Daher unterstützt eine Vaginombestimmung mittels Next Generation Sequencing (NGS), eine individuell passende Diagnose und Behandlung zu finden."

Bakterielle Vaginosen, rezidivierende Infektionen sowie Fertilitätsstörungen, Schwangerschaftskomplikationen und Fehl- oder Frühgeburten sollten Anlass für eine Untersuchung des Vaginoms sein. Eine umfassende Analyse mittels NGS hilft bei der Therapieentscheidung.

Vaginosen sind durch eine veränderte Zusammensetzung der besiedelnden Bakterien der vaginalen Schleimhaut charakterisiert und werden nicht zwangsläufig von den betroffenen Frauen überhaupt bemerkt. Meist ist die Diversität der Mikroorganismen erhöht, wobei gleichzeitig anaerobe Bakterien wie Gardnerella, Atopobium oder Prevotella die vorherrschenden Spezies sind. Insbesondere Gardnerella vaginalis gilt als wichtigster Erreger bei bakteriellen Vaginosen. Jedoch sind nicht alle Subtypen gleich pathogen. Dementsprechend kann der Nachweis mittels NGS bei der Entscheidung helfen, ob tatsächlich eine Antibiose erfolgen muss. Andersherum kann auch eine Döderleinflora gestört sein und von einer ergänzenden Probiotika-Gabe profitieren, wenn z. B. hauptsächlich L. iners vorliegt. Kenntnis über das gesamte Keimspektrum bei einer bakteriellen Vaginose erleichtert außerdem die Auswahl der geeigneten Antibiose.1 So ist Metronidazol einerseits gut geeignet, um die Laktobazillen-dominierte Vaginalflora zu schützen. Andererseits ist Metronidazol nicht gegen die G.-vaginalis-Subgruppen A und D wirksam. Auf diese Weise werden oft nur Teilpopulationen von G. vaginalis eliminiert, mit einem hohen Risiko für Rezidive. Clindamycin hingegen ist gut wirksam gegen G. vaginalis, allerdings bei gleichzeitiger Wirksamkeit gegen protektive Laktobazillen. Gegebenenfalls liegt sogar ein sehr heterogenes Keimspektrum vor, wo weder mit Metronidazol noch Clindamycin ein Ansprechen erreicht werden kann und die Wahl auf ein anderes Antibiotikum fallen muss.

Vaginalmykosen treten statistisch gesehen bei drei von vier Frauen mindestens einmal im Leben auf. Etwa drei bis vier Prozent dieser Frauen sind sogar von rezidivierenden vaginalen Pilzinfektionen betroffen. Unter den Vaginalmykosen ist die Vulvovaginalcandidose (VVC) am häufigsten anzutreffen. Diese wird von Candida-Stämmen verursacht. Candida albicans ist zu 85 bis 95 Prozent die nachweisbare Spezies bei prämenopausalen, schwangeren, asymptomatischen und gesunden Frauen sowie bei Frauen mit akuter VVC.2 In geringer Keimzahl sind Candida-Spezies bei vielen Frauen nichtpathologischer Bestandteil des Vaginoms. Diverse Faktoren wie hormonelle Einflüsse, Immunsuppression, Veränderungen des vaginalen pH-Werts sowie der vaginalen mikrobiellen Besiedlung können zu einer Vermehrung der Candida-Spezies und letztlich zur symptomatischen VVC führen.

Beim Einsatz von Methoden zur assistierten Reproduktion kann das Vaginom sowohl positiven als auch negativen Einfluss auf den Erfolg der Maßnahmen nehmen. Eine geringe Diversität mit Laktobazillen wie L. crispatus, L. jensenii und L. gasseri als dominierenden Arten wirkt sich positiv auf die Erfolgsrate bei assistierter Reproduktion aus.3-5 Ein geringerer Reproduktionserfolg besteht hingegen bei bakteriellen Vaginosen und Dominanz von Atopobium vaginae und G. vaginalis sowie Escherichia coli, Staphylococcus, Streptococcus, Enterobacteriaceae u. a.. Auch Aborte im ersten Trimester scheinen mit einer veränderten Zusammensetzung des Vaginoms assoziiert zu sein: Im Vergleich zu Frauen, die termingerecht geboren haben, sind im Vaginom der Frauen mit Abort weniger Laktobazillen bei erhöhter Diversität vorhanden.6 Daher kann eine Vaginom-Analyse vor Beginn einer Kinderwunschbehandlung den Prozess im Sinne einer individuellen Therapie sinnvoll unterstützen.

Molekularbiologische Testverfahren wie NGS und die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ermöglichen die Bestimmung des individuellen Vaginoms. Dies beinhaltet die Erfassung der Diversität sowie der vorherrschenden Spezies. Gleichzeitig können Scheideninfektionen frühzeitig erkannt werden. Für die Analyse wird lediglich eine Probe der vaginalen Schleimhaut benötigt, die mit einem Abstrich entnommen wird. Ein zweiter konventioneller Abstrich (Swab) dient im Bedarfsfall der mikrobiologischen Anzucht zur Erstellung eines Antibiogramms. Zusätzlich wird die Diversität des Vaginoms mittels Shannon-Index angegeben. Für eine aussagekräftige Interpretation wird der Shannon-Index immer im Zusammenhang mit den nachgewiesenen Arten betrachtet. Mit dem Befund erhalten Ihre Patientinnen und Sie eine Interpretation sowie Therapieempfehlungen auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse. Der Abstrich für eine Vaginom-Analyse ist nicht Bestandteil des Krebsvorsorgeprogramms oder der Schwangerenvorsorge und wird daher von den gesetzlichen Krankenversicherungen nicht regelhaft übernommen. Die Bestimmung des Vaginoms mittels molekularbiologischer Methoden (NGS / PCR) erfolgt daher als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL). Im Einzelfall kann bei entsprechender medizinischer Indikation eine Kostenübernahme bei den gesetzlichen Krankenkassen beantragt werden.

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