Tattoos: Risiken und Möglichkeiten der Entfernung

2022-12-07 16:40:25 By : Mr. Qinan Huang

Tattoos bergen eine Reihe gesundheitlicher Risiken. Sie sollten nur mittels medizinisch anerkannter Verfahren und von geschultem Personal in entsprechenden Einrichtungen entfernt werden. Goldstandard ist die Lasertherapie, allerdings ist der Erfolg nicht garantiert.

Der Begriff „Tattoo“ wird vom Tahitianischen „ta-tau“ („schlagen“) abgeleitet und bezeichnet die Musterung der Haut durch das Einbringen von Farbpigmenten. Erstmals tauchte dieses Wort in „Captain Cook’s Journal“ im Juli 1769 auf und wurde seitdem mehr oder weniger unverändert in den europäischen Wortschatz übernommen (1).

In den letzten 3 Jahrzehnten hat die Popularität von Tattoos enorm zugenommen; sie sind inzwischen auch in der Mitte der Gesellschaft populär (2). Gemäß einer Statistik aus dem Jahr 2015 (The Harris Poll) sind etwa 3 von 10 US-Bürgern (29 %) tätowiert, während es 4 Jahre zuvor lediglich jeder Fünfte war (21 %) (3).

Im Juli 2018 wurden im Auftrag des Bundesinstituts für Risikobewertung 1 009 Bundesbürger ab 14 Jahren telefonisch zum Thema Tätowierungen befragt. Demnach haben 12 % der deutschen Bevölkerung angegeben, sich bereits ein Tattoo gestochen haben zu lassen (4). 40 % aller Befragten schätzten das gesundheitliche Risiko durch Tätowierungen als eher hoch oder sehr hoch ein, wohingegen 49 % ein eher niedriges oder sehr niedriges gesundheitliches Risiko sahen ( Grafik Einschätzung des gesundheitlichen Risikos durch Tätowierungen Bild vergrößern Alle Bilder Grafik).

Tätowierungen können allgemein in 5 verschiedene Gruppen eingeteilt werden (5):

Beschwerden, die mit einer Tätowierung einhergehen, sind von milder subjektiver oder objektiver Natur. Unter Komplikationen jedoch versteht man ernsthaftere Nebenwirkungen, die sich als objektivierbare pathologische Veränderungen, einhergehend mit klinischen Symptomen, äußern. Aufgrund der Ernsthaftigkeit und Schwere der Symptome können diese als Erkrankung gesehen werden (9).

Im Jahr 2010 führte unsere Arbeitsgruppe eine Online-Befragung von 3 411 Probanden aus deutschsprachigen Ländern zum Thema gesundheitliche Probleme bei tätowierter Haut durch. 67 % der Befragten berichteten von Hautproblemen und 7 % schilderten Allgemeinsymptome, die in erster Linie einige Wochen nach dem Tätowieren auftraten (10)

Zusammen mit 2 weiteren, dänischen Studien (11, 12) konnte gezeigt werden, dass Beschwerden wie Juckreiz und Schwellung relativ häufig nach einer Tätowierung auftreten und nahezu ein Drittel der Tätowierten davon betroffen ist. Etwa ein Fünftel hatte UV-Licht-assoziierte Beschwerden (9).

Da beim Tätowieren die Hautbarriere verletzt wird, kann ein potenziell infektiöses Agens (Bakterien, Pilze und Viren) in die Haut eindringen. Obwohl in vielen Tattoostudios sauber gearbeitet wird, können durch unsachgemäße Vorbereitung des Hautareals, ungenügende Sterilisation des Equipments, Kontamination der Tätowierfarbe oder auch durch inadäquate Nachbehandlung und Hygiene nach dem Tätowieren Infektionen entstehen.

Eine genaue Zahl ist nicht bekannt, aber es wird geschätzt, dass etwa 1–5 % der Tätowierten eine tattooassoziierte Hautinfektion entwickelt (13, 14). Im Allgemeinen werden diese durch Staphylococcus aureus und Streptococcus pyogenes verursacht. Zu den klinischen Erscheinungsbildern zählen Impetigo, Erysipel und Abszesse.

Des Weiteren können in seltenen Fällen Septik-ämien, Endokarditiden und das Toxic-Shock-Syndrome ausgelöst werden. Die klinischen Zeichen manifestieren sich in der Regel 4–22 Tage nach dem Tätowieren (15) und in der Behandlung können topische oder systemische Antibiotika vonnöten sein. Es gibt auch Berichte zu cMRSA-Infektionen sowie zu Übertragung von Syphilis, atypischen Mykobakteriosen und sogar Lepra (15–18).

Neben bakteriellen Infektionen ist auch die Übertragung von Hepatitis B und C (19, 20), humanem Immundefizienzvirus (HIV) (21), humanem Papillomavirus (HPV) (22, 23), Molluscum-contagiosum-Virus (24) und Herpes-simplex-Virus (HSV) (25) beschrieben.

Pilzinfektionen auf dem Boden von Tattoos sind selten. Es wurde jeweils ein Fall einer Mukormykose und einer Aspergillus-fumigatus-Infektion berichtet (26, 27). Dermatophytosen können auch im Bereich von Tattoos auftreten und müssen stets in Betracht gezogen werden, wenn eine entzündliche Tattooreaktion auf topische Kortikosteroide keine Besserung zeigt (28).

Am zweithäufigsten nach Infektionen treten entzündliche Reaktionen auf das eingebrachte Pigment auf. Das Einbringen von Fremdpartikeln in die Haut während des Tätowierens kann eine toxische oder Immunantwort auslösen. Eine verzögerte Immunantwort (Abbildung 2) kann sich kurz nach dem Tätowieren bis einige Jahre danach zeigen und kann durch eine erneute Tätowierung getriggert werden (29).

Die klinischen und histopathologischen Befunde sind recht variabel und umfassen granulomatöse, ekzematöse, lichenoide und pseudolymphomatoide Reaktionen. Pigmente auf Quecksilbersalzbasis (Rot) und Cadmium (Gelb) , die eher in der Vergangenheit verwendet wurden, induzieren am häufigsten allergische Reaktionen, wobei auch Reaktionen auf Dichromat (Grün), Kobalt (Blau) und Beige-Pigmente beschrieben sind.

Im Fall von Cadmium spielen häufig photoallergische Prozesse mit UV-Licht als Triggerfaktor eine Rolle (1, 30). Da rote Tattoos häufig auch Spuren von Gelb enthalten, sind in diesem Fall ebenfalls Photo-Patch-Tests in der Diagnostik empfohlen.

Des Weiteren kann auch eine Kontamination der Tattoofarben mit Nickelsulfat eine allergische Reaktion auslösen (31). Andere potenzielle Allergenquellen sind organische Bestandteile der Tattoofarben wie Azofarbstoffe und Chinacridon sowie deren Edukte und Abbauprodukte (32, 33).

Granulomatöse Reaktionen können in 2 Kategorien unterteilt werden, und zwar sarkoide Granulome und andere granulomatöse Reaktionen, zum Beispiel Fremdkörpergranulome. Sarkoide Granulome (Abbildung 3) können entweder isoliert auf tätowierter Haut auftreten oder sie sind sichtbare Zeichen einer systemischen Sarkoidose (34–36).

Neben den klassischen Reaktionsmustern existieren auch Einzelfallberichte über morpheaartige Hautveränderungen und pseudoepitheliomatöse Hyperplasien (37, 38).

Dass nach einer Tätowierung gutartige Hautveränderungen wie seborrhoische Keratosen, Histiozytome, Epidermalzysten und Milien auftreten können, ist allgemein bekannt, jedoch selten veröffentlicht (29, 39). An malignen Tumoren sind Basalzellkarzinome, Keratoakanthome, spinozelluläre Karzinome, maligne Melanome und das Dermatofibrosarcoma protuberans beschrieben (29). Bei der geringen Anzahl an beschriebenen Fällen im Vergleich zur Tattooprävalenz in der Bevölkerung mag es sich möglicherweise lediglich um eine Koinzidenz handeln.

Es könnte jedoch eine Vielzahl an Faktoren eine Rolle spielen, wie das Einbringen potenzieller Karzinogene in die Haut, UV-Bestrahlung des Tattoos und genetische Faktoren. Des Weiteren wird häufig in vorbestehende Nävi und pigmentierte Läsionen tätowiert, was eine korrekte klinische und dermatoskopische Beurteilung erschwert (40, 41). Auch die Entwicklung neuer melanozytärer Hautveränderungen in diesem Bereich und eine Veränderung vorbestehener Nävi kann so schlechter erfasst werden.

Aufgrund des Phänomens des „isomorphen Reizeffektes“ kann es zur Manifestation oder Exazerbation einer Psoriasis (42–44), eines Lichen planus und einer Vitiligo kommen. Darüber hinaus können sich bei Patienten mit einem vorbekannten atopischen Ekzem ekzematöse Hautreaktionen im Tattoobereich zeigen. Auch das Auftreten eines subakut kutanen und eines diskoiden Lupus erythematodes sowie eines Pyoderma gangraenosum im durch die Tätowierung verletzten Hautareal sind beschrieben (45–48).

Je nach Umfrage bedauern etwa 20–50 % der Tattooträger, dass sie sich haben tätowieren lassen, in einer Umfrage waren es 28 %, die die Entscheidung innerhalb des ersten Monats bereuten (49). Immerhin 6–8 % unterziehen sich dann auch einer Tattooentfernung (49, 50).

Die Geschichte der Tattooentfernung geht zurück bis zu den alten Ägyptern, so finden sich erste Versuche bei ägyptischen Mumien aus dem Jahr 4000 vor Christus. Ätios, ein griechischer Arzt der Spätantike, beschrieb im Jahr 543 die Methode der Salabrasion (51). Seit dieser Zeit haben sich diverse Techniken mechanischer, chemischer und thermischer Art entwickelt. Indem die Epidermis zerstört wird, kann das in die Haut eingebrachte Pigment an die Oberfläche gelangen. Des Weiteren kann durch die angestoßene Immunantwort und die Aktivierung von Makrophagen und Phagozytose weiteres Pigment abtransportiert werden (52).

Möglichkeiten der Tattooentfernung können im Allgemeinen in mechanische, chemische, ablative und selektive Methoden eingeteilt werden (1). Auch wenn der Goldstandard die Laserbehandlung ist, soll auf die anderen Behandlungsoptionen ebenfalls eingegangen werden.

Die mechanischen Methoden nutzen die physische Elimination des Pigments durch Techniken wie Salabrasion, Dermabrasion und Exzision.

Unter Salabrasion versteht man die Entfernung der oberflächlichen Dermis mithilfe grober Salzkörner und einer feuchten Mullbinde. Dabei wird Salz im Bereich der Tattoooberfläche appliziert und für 24 Stunden unter einem entsprechenden Verband belassen. Diese Methode scheint am effektivsten in der Entfernung von Amateurtattoos zu sein, aufgrund des Risikos einer überschießenden Narbenbildung wurde sie jedoch in den letzten Jahren zunehmend verlassen (53).

Die Dermabrasion ist eine weitere Methode der mechanischen Gewebedestruktion. Dabei wird mit einer schnell drehenden Diamantfräse die oberste Hautschicht abgeschliffen. Gerade traumatische Tattoos, die eher oberflächlich lokalisiert sind, können auf diese Weise in einer Sitzung abgetragen werden. Die Lokalisation des Pigments bei professionellen Tattoos liegt eher tiefer, sodass hier in der Regel mehrere Sitzungen vonnöten sind. Die Dermabrasion kann aber auch mit einer Exzision für tiefer gelegene Anteile kombiniert werden (54, 55).

Eine Exzision kann gerade für kleine Tattoos in passender Lokalisation gewählt werden. Vorteile sind eine vollständige Entfernung im Rahmen einer Therapiesitzung und damit eine schnelle und in der Regel kostengünstige Behandlung. Bei oberflächlich gelegenen Amateurtattoos kann auch eine tangentiale Exzision mittels Dermatom duchgeführt werden (56).

In der Vergangenheit wurden auch chemische Methoden genutzt – entweder in Kombination mit Dermabrasion oder als Monotherapie. Die Verwendung von Komponenten wie Gerbsäure und Silbernitrat wurde beschrieben (57). Immer noch im Einsatz sind Peelings mit Trichloressigsäure (58). Auch der Immunmodulator Ingenolmebutat , der zur Behandlung von aktinischen Keratosen zugelassen ist, wird mit unterschiedlichem Erfolg zur Tattooentfernung eingesetzt (49, 59).

Zu den ablativen Methoden zählt der Gebrauch nichtselektiver Energiequellen wie Kryotherapie, Elektrodesikkation oder nichtselektiver Laser. CO2-Laser werden dazu genutzt, die Epidermis und Dermis samt der enthaltenen Tattoofarbe abzutragen.

Mit der Einführung der Quality-switched-(QS-)Laser in den späten 1960er-Jahren wurde die Tattooentfernung revolutioniert. So haben die selektive Absorption der Laserenergie durch das Pigment und die extrem kurzen Pulsdauern den QS-Laser zum Goldstandard gemacht. Diese Technologie erlaubt die Freisetzung so hoher Energiedichten in einem Impuls, dass eine selektive Photothermolyse möglich wird (60). Auf diese Weise gelingt eine selektive Destruktion des Zielchromophors, ohne das umgebende Gewebe zu schädigen.

Die Pigmentpartikel in einem Tattoo sind sehr klein und haben eine sehr kurze thermische Relaxationszeit, sodass für ihre Zerstörung ein äußerst schnelles Erhitzen nötig ist (61). Der erste kommerziell verfügbare QS-Laser war der QS-Rubylaser (694 nm) (62), gefolgt von den QS-Nd:YAG- (1 064 nm, frequenzgedoppelt 532 nm) und QS-Alexandrit-Lasersystemen (755 nm).

QS-Laser liefern Impulsdauern im Nanosekundenbereich und waren in den letzten 2 Jahrzehnten der Goldstandard in der Tattooentfernung (63). Eine neue Entwicklung sind die sogenannten Pikosekundenlaser (10–12 sec), die noch kürzere Impulsdauern aufweisen und auf diese Weise einen größeren thermischen Stress im Zielchromophor erzeugen (63). Zur besseren Einschätzung der klinischen Effektivität von Pikosekundenlasern sind jedoch weitere Studien erforderlich.

Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Bäumler

Klinik und Poliklinik für Dermatologie, UKR-Universitätsklinikum Regensburg

Interessenkonflikt: Dr. Weiß erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht. Prof. Bäumler erhielt Aufwandsentschädigungen für Vorträge von einem Laser-Unternehmen.

Literatur im Internet: www.aerzteblatt.de/lit1119

Reinhardtstr. 34 · 10117 Berlin Telefon: +49 (0) 30 246267 - 0 Telefax: +49 (0) 30 246267 - 20 E-Mail: aerzteblatt@aerzteblatt.de

entwickelt von L.N. Schaffrath DigitalMedien GmbH

Sie finden uns auch auf: